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veröffentlicht am 20.05.2014 / geändert am 20.05.2014

„Die verlorenen Kinder von Hameln“ UPDATE

– Ein fühlbares „Leporello“ – und ein Stück mehr gelebte Inklusion in Hameln
 

Am Rattenfängerhaus in Hameln befindet sich ein Balken mit Inschrift. Dieser ist das älteste Zeugnis über „Die Verlorenen Kinder von Hameln“. Den haben der Autor von Blindenbüchern, Siegfried Schröder, die Hameln Marketing und Tourismus GmbH (HMT) und mehrere ehrenamtliche Unterstützer jetzt sicht- und fühlbar gemacht. Am 16. Mai fand bei der HMT eine Pressekonferenz statt. Der Autor, Siegfried Schröder, und die HMT- Mitarbeiterinnen Harald Wanger, Anastasia Patsiarizis und Doris Müller, stellten das Buch „Die verlorenen Kinder von Hameln“ vor. Der Paritätische Hameln-Pyrmont, vertreten durch Geschäftsführer Norbert Raabe, unterstützt das mutige und bislang einmalige Projekt. Damit der Verkaufspreis niedrig gehalten werden kann, werden Förderer gesucht. Die Stadtsparkasse Hameln hat bereits eine Zusage gegeben und weitere werden gesucht.

Der früher als Sonderpädagoge arbeitende Siegfried Schröder aus Paderborn ist dem „Inklusions-Gedanken“ verschrieben: Abgesehen davon, dass er Buchprojekte umsetzt, die blindengerecht sind, ist er ehrenamtlicher Ombudsmann für Menschen mit mehrfach Behinderungen beim Kreis Paderborn. Immer auf der Suche nach neuen Projekten, entstand bei einem Besuch des Hamelner Stadtarchivs die Idee, das auf dem Balken in der Bungelosenstraße festgehaltene kultur-historisch bedeutende Ereignis als tastbares Leporello zu gestalten. Der 12 Meter lange Schriftzug befindet sich in 7 Meter Höhe über Straßenniveau. „Die Bungelosen-Straße, eher düster und eng, eignet sich besonders für dieses Projekt. Denn auch ein sehender Betrachter kann nicht zurückweichen, um den Text besser lesen zu können“, verdeutlicht Siegfried Schröder seine Gedanken.

Vor zwei Jahren fanden schon erste Gespräche statt, Arbeitstreffen folgten. Seitens der HMT arbeiteten Doris Müller und Anastasia Patsiarizis an der Verwirklichung. „So haben wir ein Stück Hamelner Kulturgeschichte mal auf eine etwas andere Weise sichtbar gemacht, konnten so ein Stück zur Inklusion beitragen“, freut sich Anastasia Patsiarizis, die selbst seheingeschränkt ist.

Und so ging`s: Im ersten Schritt hat der Hamelner Fotograf, Wilfried Hildebrandt, den Balken in neun Abschnitten fotografiert und dann am PC zusammengesetzt. Vornehmen konnte er das erst, als die Firma Elektroma die Weihnachtsbeleuchtung in der Bungelosenstraße mit einem Hubwagen angebracht hatte.


Bildkommentar: In der Blindendruckerei von links: HMT-Mitarbeiterin
Anastasia Patsiarizis, Blindendruckerei-Mitarbeiterin
Yvonne Delfino, Autor Siegfried Schröder
Schüler der Akademie Überlingen aus dem Bereich Medien-Gestaltung übernahmen den nächsten Schritt: Die Fotografie wurde mit dem Computer aufbereitet, Schwarz-weiß, positiv negativ verkehrt und mit einem „Radierer“ nachgezeichnet; so entstand eine saubere Kopiervorlage für das Leporello - eine äußerst geduldvolle Aufgabe. Dann sollte neben der Darstellung des Balkens auch das Rattenfängerhaus mit seinem Standort und seiner Umgebung dargestellt sein. Der ehemalige Hamelner Stadtzeichner Hans-Jochen Jahnke konnte gewonnen werden, eine vereinfachte Zeichnung der Fassade des Rattenfängerhauses anzufertigen. Eine graphische Darstellung des Hamelner Altstadtkerns war bereits vorhanden. Im Folgenden verfasste Siegfried Schröder einen Text über das Aussehen und den geschichtlichen Hintergrund des Balkens und dessen Inschrift.

HMT-Geschäftsführer Harald Wanger: „Ein tolles Projekt. Barrierefreiheit im Tourismus gewinnt erfreulicherweise zunehmend an Bedeutung, und ich sehe uns allgemein in der Pflicht und unterstütze solches Engagement nachdrücklich.“ Dem schließt sich Norbert Raabe an: „Im Prinzip ist das selbstverständlich, schließlich sind wir doch eine Gesellschaft mit gleichen Rechten. Inklusion ist ein verbrieftes Menschenrecht und ist von Grund auf lohnenswert. Ich wünsche mir, dass in Zukunft dieser Aspekt stärker berücksichtigt und einfach als normal angesehen wird “.

Das komplexe Werk kann nur in Einzelanfertigung hergestellt werden. Da alle Beteiligten nur ihre Selbstkosten in Ansatz bringen, liegt ein Exemplar bei 35 Euro Materialkosten. Um es einem größeren Abnehmerkreis zugänglich zu machen, soll der Ausgabepreis mit 19,50 Euro niedrig gehalten werden. Für diesen Zweck werden seitens der HMT noch ein oder zwei Unterstützer gesucht. Exemplare werden dann nach Bestellung gefertigt.


Bild: Akademie Überlingen unterstützt HMT-Projekt;
Personen von links: Rattenfänger-Darsteller Michael
Boyer, Autor Siegfried Schröder, Akademie Überlingen
mit Roland Balzereit, Anna Hammer und Olaf Wiener,
HMT-Mitarbeiterin Anastasia Patsiarizis

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