veröffentlicht am 28.03.2015
Wirtschaftsfaktor Tourismus und Hotelmarktstudie Hameln
Was bringt der Tourismus für die Rattenfängerstadt und wie kann der Beitrag für die Gesamtwirtschaft Hamelns zukünftig abgesichert und gesteigert werden?
Mit diesen Fragen hatten sich im Sommer 2014 Aufsichtsrat und Geschäftsführung der Hameln Marketing und Tourismus GmbH (HMT) befasst. Die Ergebnisse aus zwei getrennten Untersuchungen überbrachte nun Dr. Manfred Zeiner, Geschäftsführer des deutschlandweit renommierten Institutes dwif-Consulting aus München.
Der Wirtschaftsfaktor: Bekanntlich spielt hier der Tagestourismus eine bedeutende Rolle. Jährlich werden 3,9 Mio. Tagesreisen nach Hameln durchgeführt. Bei durchschnittlich 22,50 Euro pro Besucher und Tag an Ausgaben in der Stadt ergibt sich rechnerisch eine Größe von 87,7 Mio. Euro Bruttoumsatz. 259.000 Gästeübernachtungen werden pro Jahr erfasst, darunter 166.000 im sog. gewerblichen Bereich (überwiegend Hotellerie), sowie zusätzliche 38.000 Übernachtungen bei Privatvermietern und 55.000 auf Camping- und Wohnmobil-Stellplätzen. Aus dem Übernachtungsbereich ergeben sich daraus weitere 25,6 Mio. Euro Bruttoumsatz pro Jahr. Hier sind die Tages-Ausgabensätze entsprechend höher (zwischen 36,30 Euro im Camping und 124,80 Euro in der Hotellerie pro Besucher und Tag).*
Der Tourismusmarkt erzeugt also pro Jahr 4,159 Mio. Besuche mit Gesamtausgaben von 113,3 Mio. Euro. Hauptprofiteure im Tourismus sind der Einzelhandel (49 Mio. Euro) und das Gastgewerbe (44,5 Mio. Euro). Hier findet auch zusammen mit Schifffahrt, ÖPNV, Taxigewerbe, Stadtführungen die sog. erste Umsatzstufe statt. Häufig übersehen wird, so Manfred Zeiner, die zweite Umsatzstufe in der touristischen Wertschöpfung. Denn vom Bäcker und Metzger als Zulieferer über die Versicherung, das Baugewerbe bis hin zur Energiewirtschaft, Banken und Sparkassen profitiert die heimische Wirtschaft indirekt von den Besucherzahlen. Aus erster und zweiter Umsatzstufe leiten sich schließlich 50,4 Mio. Euro als „Einkommensbeitrag“ ab. Sie führen zu einem Beschäftigungseffekt von 2.340
Personen .** Auch für die Stadt Hameln bleibt etwas hängen: Von insgesamt etwa 10,9 Mio. Euro Steuereinnahmen - überwiegend aus Umsatz- und Einkommenssteueranteilen - fließen pro Jahr durchschnittlich ca. 2 Mio. Euro an die Kommune zurück.
Die Übernachtungssituation in Hameln: Angesichts eines sich verschärfenden Wettbewerbes und großer Nachfrageveränderungen stellt sich die Frage, welche Rolle Hameln zukünftig im Markt spielen kann. Die Beauftragung einer Hotelmarktanalyse soll Aufklärung bringen – und zwar ergebnisoffen. Denn es gehe, so der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Meyer-Hermann, nicht darum, den Hamelner Hotelbetrieben unnötige Konkurrenz zu verschaffen, sondern mögliche Potenziale frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen für die Zukunft zu ergreifen. Das sei man dem Tourismusstandort Hameln angesichts der vorgenannten beeindruckenden Wirtschafts-Kennziffern schuldig.
Gegenstand der Untersuchung waren eine umfängliche Markt- und Wettbewerbsanalyse Hamelns mit Vergleichsstädten, darunter Hildesheim, Celle und Marburg. Des Weiteren wurden sowohl die Hotelbetreiber als auch die heimischen Firmen als „Nachfragegeneratoren“ per online-Erhebung nach ihrer Einschätzung befragt. Zusätzlich fanden 10 Interviews mit Experten vor Ort und überregional (u.a. Weserbergland Tourismus, Deutsche Märchenstraße) statt. Zeiners Ergebnis zu den großen Trends: „Ein verändertes Nachfrageverhalten bietet Chancen und Risiken zugleich. Die Städtereisen boomen, allerdings wird die Zielgruppenausrichtung und eine klare Positionierung im Hotelmarkt entscheidender. Die Hotellandschaft wird bunter.“
Mit der Auswertung des Gutachtens wird sich die HMT in den kommenden Wochen beschäftigen und auch Gespräche mit der Hotellerie führen, um Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken für den Standort Hameln zu erörtern. Eines gab Dr. Manfred Zeiner den Auftraggebern noch mit auf den Weg: „Die Akteure in Hameln könnten ruhig mehr Vertrauen in die eigenen Stärken haben.“
*Datenquellen:
- Grundlagenuntersuchung „Tagesreisen der Deutschen“ 2012/2013 (36.000 Telefon-Interviews zu den Tagesreisen privat und geschäftlich der letzten Woche, Sonderauswertungen für das Zielgebiet, Erfahrungswerte aus den Vorgängeruntersuchungen)
- kombiniert mit Plausibilitätskontrollen (Umsatzsteuerstatistik, Freizeit-/Unterhaltungs- und Dienstleistungsange-bot vor Ort, Einkaufs- und Shoppingmöglichkeiten vor Ort, Gastronomieangebot vor Ort, Erfahrungswerte aus zahlreichen Berechnungen zum Wirtschaftsfaktor Tourismus)
- Landesamt für Statistik 2014 für den Bereich der Stadt Hameln
**Der Einkommensbeitrag von 50,4 Mio. Euro entspricht einem Äquivalent von rund 2.340 Personen, die durch die touristische Nachfrage in Hameln ein durchschnittliches Primäreinkommen (= 21.508 Euro) pro Kopf beziehen. Viele Personen leben nur anteilig vom Tourismus, weshalb dieser Wert nicht mit der Anzahl der durch den Tourismus in Hameln beschäftigten Personen gleichgesetzt werden darf.