veröffentlicht am 30.07.2015
Ein Narr wie im Buche ist zu Gast in Hameln
… mit Vorliebe für Schnabelschuh und Kronkorken
Aus dem Raum Braunschweig stammt der Narr. Er ist mindestens so bekannt wie unser Rattenfänger und trägt ähnliche Schuhe. Während über unseren Rattenfänger von Hameln keine Hobbys bekannt sind außer, dass er mysteriös mit seiner Flöte zaubern kann, ist der Kneitlinger Narr ein leidenschaftlicher Sammler von Kronkorken. Diese hortet er zum Selbsterhalt für sein eigenes Museum in Schöppenstedt. Und weil er für diese ausgefallene Sammel-Leidenschaft bekannt ist, bekommt er immer wieder welche geschenkt. Diesmal hat ein Hamelner eine beträchtliche Menge zusammengebracht, die sich der Narr am 27. Juli persönlich abholen wird. Sie ahnen es: Von Till Eulenspiegel ist die Rede:
Der gebürtige „Niedersachse“ entsprang einem Braunschweiger Literaten, der anonym blieb, im 16. Jahrhundert, so die Vermutung der Feder. Gestorben soll er im schleswig-holsteinischen Mölln sein, der heutigen „Eulenspiegelstadt“. Wie es nur Narren gebührte, führte auch Eulenspiegel ein loses Mundwerk, begann üble Streiche, hatte schlechte Manieren und Respekt war ein Fremdwort. Allen hielt er den Spiegel vor – wo wir schon bei seinem liebsten Utensil und Markenzeichen sind – dem Spiegel. Eine Sagen- und Literatur-Figur, die mit seinen haarsträubenden Geschichten Weltruhm erreichte.
Till Eugenspiegel soll im Jahr 1300 in Kneitlingen am Elm geboren worden sein. Von seiner Taufe berichtet er, dass ihn die betrunkene Taufgesellschaft nach der kirchlichen Zeremonie in einen Bach fallen ließ und später zu Hause badete. Fazit: drei Taufen an einem Tag.
Mehr als 90 solcher Geschichten gibt es, häufig derb, manchmal mit feinem Humor. Das erste bekannte Eulenspiegel-Buch erschien 1510, verfasst in niederdeutschem Dialekt. Es war ein derartiger Erfolg, dass es seither unzählige Male neu aufgelegt und die Geschichten von verschiedenen Autoren neu erzählt und auch in viele Sprachen übersetzt wurde.
Die Verwechslungsgefahr von Rattenfänger und Eulenspiegel außerhalb ihres Wirkungskreises ist groß – Kappe, Schnabelschuhe, bunt gewandet - selbst wenn sie beieinanderstehen. Und das kommt gelegentlich vor: Zuletzt trieben Sie Ende Juni auf dem „Tag der Niedersachsen“ in Hildesheim ihr spielerisches Unwesen und zur Eröffnungsfahrt der „Flotte Weser“ im Frühling stieß Till als Überraschungsgast dazu.
Kronkorken sammeln zum Fortbestand des Museums: Seit Mitte August 2013 betreiben die Till Eulenspiegel-MuseumsStiftung und die Braunschweigische Stiftung eine Kronkorken-Sammelaktion zu Gunsten des Till Eulenspiegel-Museums in Schöppenstedt. Durch den Erlös, der durch den Verkauf der Kronkorken als Schrott erzielt wird, möchten die Stiftungen den Fortbestand des Museums sichern.