veröffentlicht am 08.04.2015 / geändert am 21.09.2015
Besuch im Waisenhaus ANAK DOMBA Bali UPDATE
Besuchsbericht Christina (Berlin)
Was für ein Erlebnis - die Kinder von ANAK DOMBA Bali
Ein wenig unbehaglich ist mir zumute, als ich mit meinem schicken, weißen Sommerkleid aus dem himmelblauen, balinesischen Taxi klettere.
Nach vier Wochen Rucksackreise über die tropisch - warme Insel ist es das einzige Kleidungsstück, das ich meiner Umwelt noch zumuten kann.
"Sie kommt! Sie kommt!!!" (Angela hatte mich bereits angekündigt und ich habe im Vorfeld zu Eny Kontakt aufgenommen).
Ein kleiner Junge mit rabenschwarzem Haar und spitzbübischem Lächeln tanzt aufgeregt um ein hohes, schwarz lackiertes Gittertor herum. Wenige Sekunden später ist er umringt von zehn weiteren Mädchen und Jungen, die wild durcheinander sprechen und mir nacheinander die Hand schütteln.
Vor mir liegt das Waisenhaus ANAK DOMBA Bali.
"Willkommen bei uns!" höre ich eine sanfte Stimme. Sie gehört Eny, der Leiterin, die das Haus seit 2013 mit ihrem Mann Wayan ehrenamtlich führt.
Viel Zeit zum Austausch bleibt erstmal nicht.
Aufgeregt sammeln sich die Kinder und stellen sich in zwei Reihen auf. Weihnachtslieder haben sie vorbereitet und stimmen zugleich inbrünstig "Adeste fideles" ein. Die hübsche Veranda erinnert ein wenig an Astrid Lindgrens "Villa Kunterbunt". Im Hintergrund glänzen Bananenstauden in der Mittagssonne.
Es ist einer der heißesten Januartage auf der Insel.
Putri, ein junges Mädchen, das aussieht wie 17, aber erst 12 ist, singt ein Solo. Ihre Hüften wiegen im Takt. Sie ist in diesem Moment ganz eins mit der Musik, verliert sich in den sanften Rhythmen.
Sie wirkt glücklich. Doch der Schein trügt, wie ich bald erfahre. "Sie kam zu uns, als die Mutter neu heiratete und der Vater schlimme Dinge mit ihr machte." Ich glaube zu verstehen und frage nicht weiter nach. So schweigen wir beide eine Weile und hören dem Mädchen andächtig zu.
Im Anschluss an die stimmungsvolle Begrüßung zeigt Eny mir das Haus. Ein wenig beschämt ist sie, dass sie den Kindern keine richtige Dusche bieten kann, kein richtiges Bad. Die Mädchen wohnen in kleinen Schlafsälen ohne Klimaanlage und Moskitonetz, Eny mit ihrem Mann und den beiden eigenen Kindern mitten unter ihnen. Es stört sie nicht. Sie haben ihr Leben dem christlichen Glauben und den Kindern verschrieben. Die Früchte ihres Engagements und ihrer Liebe kann ich sehen und spüren. Die Augen der Kinder leuchten. Lachend tanzen sie im Kreis, einige malen auf dem Boden.
Die Atmosphäre ist unbeschreiblich friedlich und lässt mich für eine Weile die Zeit vergessen.
Viel zu schnell muss ich wieder aufbrechen. Es ist ein Aufbruch in meine Welt, in der Strom, fließendes Wasser und eine hervorragende Infrastruktur als selbstverständlich angesehen werden.
Eny hofft, bald ein größeres Haus zu finden, mit vernünftigen sanitären Anlagen.
Und Englisch sollen die Kinder lernen, damit sie auf der Insel eine Zukunft haben. Als ich ihnen verspreche, mich nach Muttersprachlern umzusehen, die ein Praktikum im Waisenhaus mit Englischunterricht verbinden könnten, werden ihre Augen für einen Moment feucht. "Das wäre ein Traum. Das öffnet den Kindern später die Tür zu Berufen im Tourismus." Nachdenklich senkt Wayan seinen Kopf.
Die Englischkenntnisse werden in letzter Instanz sicher nicht über den Erfolg der Mädchen entscheiden. Die Wärme und Zuneigung jedoch, die sie im Waisenhaus erfahren, wird sie stark machen für alles, was im Erwachsenenleben noch auf sie wartet.
Tief bewegt steige ich in das Taxi, das mich zurück zum Flughafen bringen wird.
24 Kinderhände winken mir fröhlich zu, bis das schwarze Eisentor außer Sichtweite ist.
Christina (Berlin)
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