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veröffentlicht am 23.01.2015

„Vielleicht ist jetzt die Zeit der Zahlen“

Der neue Stadtwerkechef spricht über Wirtschaftlichkeit, Mitarbeiter, Teamwork und Energiewendeprodukte
 
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Einen ersten Eindruck von der Einsatzbereitschaft seiner Mitarbeiter bekam Uwe Benkendorff am 27. Dezember, vier Tage vor Dienstantritt als Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Pyrmont. An diesem Tag brach ein Wasserrohr in der Straße „Auf der Schanze“ und ein Team des Unternehmens rückte aus. Benkendorff fuhr zufällig auf die Baustelle zu. „Die haben einen richtig tollen Job gemacht“, zeigt er sich noch heute beeindruckt. Ein Chef muss so etwas über seine Mitarbeiter sagen, aber man nimmt es ihm ab, auch wenn er dieses Lob drei Wochen später auf die gesamte Belegschaft ausdehnt. „Ich habe hier sehr kompetente und motivierte Mitarbeiter vorgefunden, die sich mit dem Unternehmen identifizieren.“

Der 52-jährige Diplom-Ökonom ist seit dem 1. Januar Alleingeschäftsführer des Unternehmens. Zuletzt war er bei den Stadtwerken Düsseldorf für etwa 2000 Mitarbeiter zuständig, jetzt ist er es für gut 100. Ihm gebe das kleinere Unternehmen die Möglichkeit, sich mit jedem Mitarbeiter auszutauschen und von deren Erfahrungen und Ideen zu profitieren. „Und direkt im operativen Geschäft mitzuwirken, das ist spannend und macht Spaß.“
Dass er Kaufmann ist, wird im Gespräch sehr schnell deutlich. Immer wieder spricht er von Wirtschaftlichkeit und von der Bezahlbarkeit der Produkte. „Vielleicht ist es jetzt mehr die Zeit der Zahlen, aber ein Geschäftsführer muss einen Blick für beides – das Kaufmännische und die Technik – haben“, betont er. Abgesehen davon habe er mit Jens Kaufhold und Stefan Schüsseler zwei kompetente Prokuristen für beide Bereiche an seiner Seite. Um den Gedanken der Teamarbeit zu unterstreichen, hat er dafür gesorgt, dass sie künftig regelmäßig an den Sitzungen des Aufsichtsrates teilnehmen.

Von den Mitarbeitern hat Benkendorff einen guten Eindruck, von der Wirtschaftlichkeit des ansonsten, wie er sagt, „soliden“ Unternehmens dagegen nicht. „Auf den ersten Blick kann man damit nicht zufrieden sein“, stellt er fest und nennt dafür zwei wesentliche Gründe. Zum einen habe die milde Witterung des vergangenen Jahres zu Einbrüchen beim Energieabsatz geführt. Zum anderen belaste wegen der Energiewende die Beteiligung am Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Mittelsbüren das Ergebnis. „Ansonsten hätten wir eine sehr gute schwarze Null.“

Zurzeit ist er damit beschäftigt, eine Bestandsanalyse zu erarbeiten. Im zweiten Schritt soll es dann darum gehen, eine Strategie für das weitere Vorgehen zu erarbeiten. Klar ist, das zeigt auch der Wasserrohbruch an der Schanze, dass die Stadtwerke für die Versorgungssicherheit in ihre Netze investieren müssen. Benkendorff geht von einem mehrstelligen Millionenbetrag in den nächsten zehn Jahren aus.
Die Stadtwerke müssen mit dem Verkauf von Produkten Geld verdienen – nicht nur mit Gas, Strom und Wasser. Dafür wolle er sich auf die Suche nach Trends und Nischen und neuartigen Kooperationen machen, hatte der neue Geschäftsführer bereits angekündigt. Er spricht dabei gerne von Energiewendeprodukten, etwa von der Energiespeicherung im Keller oder Solardächern. Ihm schwebt beispielsweise ein Komplettpaket vor, angefangen bei der Beratung über die Finanzierung und den Bau bis hin zur Wartung. Freie Kapazitäten sieht er beim Geschäft mit der Fern- oder besser gesagt Nahwärme und hat bereits eine „Wärmegruppe“ etabliert, in der Vertrieb und Technik zusammenarbeiten. Und mit neuartigen Kooperationen meint er Partnerschaften mit Unternehmensgründern, denen er die Möglichkeit bieten könnte, ihre Produkte vorzustellen, von denen dann auch die Stadtwerke profitieren. Auch Investitionen in Windkraft hat er noch nicht zu den Akten gelegt. Die Frage sei nur, wo und auf welche Weise.

Kaum hatte Benkendorff seinen neuen Job angetreten, wurde bekannt, dass die Stadtwerke Hameln ihre Strom- und Erdgaspreise zum 1. März senken. Die Stadtwerke Bad Pyrmont hatten das nur für Strom beschlossen. Unter Druck gesetzt fühle er sich durch den Schritt der Hamelner nicht, sagt er. Hameln hat nichts anderes gemacht, als sich unserem Niveau anzupassen“, stellt er fest. Kleine Haushalte bezahlten in Bad Pyrmont weniger als in Hameln, große etwas mehr und mittlere fast ebenso viel.
Die Sorge um die Selbstständigkeit der Stadtwerke ist immer wieder Thema in Politik und Belegschaft. Benkendorff geht davon aus, dass kommunale Unternehmen auch in Zukunft bei der Versorgungswirtschaft unverändert eine zentrale Aufgabe spielen. Trotzdem hält er es im Grundsatz für richtig, wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende Lars Diedrichs jetzt eine Diskussion über die Notwendigkeit kommunaler Vermögenswerte, zu denen auch die Stadtwerke gehören, anstößt. „Aber so etwas darf man nicht nur unter monetären Aspekten sehen, sondern muss auch die soziale Verantwortung berücksichtigen. Gibt die Stadt etwas aus der Hand, werden ihre Einflussmöglichkeiten natürlich geringer.“

Pyrmonter Nachrichten vom 22. Januar, von Hans-Ulrich Kilian

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